Adenauerbrücke soll leistungsfähiger werden: Für die autogerechte Stadt

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Adenauerbrücke soll leistungsfähiger werden: Für die autogerechte Stadt

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Wird sie eine „Einladung an ganz Süddeutschland sein, Ulm zu durchqueren“, wie Kritiker befürchten? Bis zu 100.000 Fahrzeuge passieren täglich die Adenauerbrücke zwischen Ulm und Neu-Ulm über die Donau. Die 70-Jährige muss ersetzt werden. Acht Spuren statt sechs soll sie künftig haben, empfehlen Ulmer und Neu-Ulmer Gemeinde- und Stadtrat dem Bundesverkehrsministerium.

Die Adenauerbrücke ist die wichtigste der drei Auto-Brücken über die Donau in Ulm. Über sie fließt der Verkehr der B10, sie ist als Verteiler zur B28 Richtung Westen wichtig, aber auch zur B311 nach Erbach. Auf ihr gelangt man zur A8 und Richtung A7 in den Süden. Wer aus Stuttgart ins Allgäu oder nach Österreich will, nimmt nicht den Umweg übers Kreuz Elchingen. Er kürzt ab durch die Stadt.

Doch die Adenauerbrücke ist auch ein Unfallschwerpunkt. Gerade beim Ein- und Ausfädeln scheppert es oft. Es sollen mehr Spuren her. Ein Verkehrsgutachten hat die Prognose für 2030 bis 2035 ergeben: 99.600 Fahrzeuge täglich könnten es bei sechs Streifen sein. Bei acht 103.600 Fahrzeuge. Zu den Spitzenzeiten, im Feierabendverkehr - der zehn Prozent des Verkehrs ausmache - bei sechs Spuren 166 Fahrzeuge und bei acht „nur“ sieben mehr. Pro Minute. 420 Fahrzeuge pro Stunde mehr, die auch näher am Wohngebiet Galgenberg vorbei fahren. 

Dort müssten einige Bäume des Parkstreifens weichen, der bisher ein Puffer zum Wohngebiet war. Er sollte eigentlich als Teil der Ehinger Anlagen eine Rolle bei der Landesgartenschau 2030 spielen. Dafür kramt die Stadt sämtliche Grüngürtel entlang des alten Festungsringes ums Zentrum aus ihrem Stadtplan, will sie verbinden und das Grün in der Stadt vermehren. Es heißt in der Beschlussverlage: „Als Perspektive und städtebauliche Vision ist die deutliche Reduktion der Dominanz der Verkehrsadern B 10 und B311 zur Herausarbeitung einer durchgehenden Glacispromenade zu verstehen.“ Im Moment ist die Adenauerbrücke sechsspurig und 24 Meter breit. Folgt das Bundesverkehrsministerium der Position einer Mehrheit der Räte, wird sie fast doppelt so breit.

Der Grünen-Stadtrat Ulrich Metzger kritisierte dem SWR zufolge die Entscheidung für acht Spuren. „Das ist eine Entscheidung aus Adenauer-Jahren statt einer des 21. Jahrhunderts.“ Aus der Zeit, in der die Brücke gebaut wurde und in der das Ideal der autogerechten Stadt verfolgt wurde. Lena Schwelling, ebenfalls von den Grünen, gab zu Bedenken, dass die Brücke das Stadtbild die nächsten hundert Jahre prägen wird: „Bauen wir für die Zukunft, also für eine Mobilität, wie wir sie wahrscheinlich in 30, 40 oder 50 Jahren haben werden? Oder bauen wir für die Vergangenheit, also eine Mobilitätsform, wie wir sie eigentlich ja überwinden wollen, mit ganz starkem, individuell motorisierten Verkehr?“

Das Verkehrsgutachten rechnet mit mehr Individualverkehr. Die Bevölkerung in Neu-Ulm und Ulm könnte bis 2035 um bis zu 17.000 Menschen wachsen. Auch die Eröffnung der Sedelhöfe mit Wohnungen und Büros könnten mehr Menschen den Weg über die Brücke in die Stadt einschlagen lassen, heißt es. Oder andersherum aus Ulm hinüber nach Neu-Ulm, wegen der Erweiterung der Hochschule im Wiley. Befürworter aus der Wirtschaft sind deshalb für acht Spuren.

Doch erntet nicht, wer Straßen sät, auch mehr Verkehr? Wenn die Achtspurlösung Staus verhindert, ist die Alternative, öffentliche Verkehrsmittel oder das Rad von A nach B zu nehmen sicherlich weniger schmackhaft. 

Isabella Hafner