Die Wilhelmsburg - So nah und doch so fern

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Die Wilhelmsburg - So nah und doch so fern

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Diesen Sommer wirbt sie mit der höchsten Rooftop-Bar Ulms. Und das auch noch in einem Turm. Dem Turm der Wilhelmsburg. Die Wilhelmsburg wird immer lebendiger, je älter sie wird (Obwohl sie für eine Burg recht jung ist - noch nicht mal 200 Jahre alt.).

Seit einigen Jahren erschallen im Sommer Musicals zwischen den Mauern, ein Start-Up züchtet in den dunkelfeuchten Räumen Pilze für den Wochenmarkt, im Innenhof spielen während drei August-Wochen „Stürmt die Burg“ Bands, da gibt’s einen Biergarten, der abends mit Lichterketten beleuchtet ist, es werden Ausstellungen gezeigt, und, und, und… Die Burg hat 570 Räume und einen riesigen Innenhof. Aus der Luft betrachtet sieht man, welche Dimension die Burg auf dem Ulmer Michelsberg einnimmt - als Teil der Bundesfestung um die Stadt. Nachdem deren Potenzial seit den 70ern etwas unterschätzt wurde und viele Räume leer standen, kommt jetzt ihre große Zeit.

Doch all die Menschen, die sie anziehen soll, müssen irgendwie dorthin kommen. Ein Konflikt. Zwischen Anwohnern, die zugeparkt werden und Besuchern, die möglichst nah an die Burg wollen und nicht den ganzen Berg hochlaufen oder -radeln. Auch die Bauausschussmitglieder diskutieren emotional über Lösungen und das ein oder andere No-Go. Aktuell gibt es etwa hundert Parkplätze im Innenhof und 50 vor der Burg… Doch gerade im Sommer, während „Stürmt die Burg“ ist der Innenhof eigentlich zu schade zum Parken.

Die einen (Stadtverwaltung) wollen, dass man mit dem Auto möglichst vor die Tür - pardon - vors Burgtor fahren kann, und schlagen ein Parkhaus vor. Dazu sollte teils Wald gerodet werden und der bestehende Radweg zwischen Parkhaus und Wald verlaufen. SPD-Gemeinderatsmitglied Martin Rivoir sagt: „Völlig verrückt. Ein Parkhaus im Wald! Und dann den Radweg dahinter, wo es nicht einsehbar ist. Da werden neue Angsträume geschaffen, wenn man da im Dunkeln durchfahren muss.“ Der Vorschlag mit dem Parkhaus ist vom Bauausschuss mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden. Zwei CDU-Mitglieder waren dafür.

Jetzt ist erneut die Seilbahn im Gespräch. Dabei war das Thema eigentlich schon in die Ablage gewandert gewesen. Ein Gutachten war zu dem Schluss gekommen, dass eine Seilbahn vom Bahnhof aus nicht sinnvoll ist. Doch wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege… Wege hinauf zur Burg zum Beispiel. Die eben doch möglich sind, ohne große Eingriffe. Und praktikabel. Die SPD lässt in ihrem Antrag nun verschiedene Varianten prüfen. Aus ihrer Sicht könnte zum Beispiel die Straßenbahnhaltestelle „Lehrer Tal“ der Linie 2 ein zentraler Punkt sein, um von dort aus zur Wilhelmsburg zu gelangen. Zum Beispiel, indem der Besucher vom Hauptbahnhof drei Stationen zum Lehrer Tal nimmt, dort in einen Aufzug steigt, der am Burggraben direkt vor einer autonom betriebenen Standseilbahn hält, die den Besucher dann entlang des Grabens zur Burg bringt.

Oder aber es gibt eine Seilbahn mit Gondeln, die an mindestens 60 Meter hohen Masten hängt und über den Burggraben hinauf führt. Rivoir: „Eine Seilbahn ist ein nachhaltiges und innovatives Verkehrsmittel.“ Die Kritik, eine Seilbahn koste mindestens fünf Millionen Euro, winkt er ab. „Ein Parkhaus hätte genauso viel gekostet. Winfried Walter von der CDU hätte mit einem Parkhaus gut leben können. Aber er findet die Idee mit der Seilbahn auch ganz charmant. „Aber nachhaltig muss es sein. Sie müsste auch nach der Landesgartenschau noch gut genutzt werden können.“ Er träumt von einer „Kulturburg“ mit regelmäßigem Programm für Familien und Jugendliche. „Aber wir müssten so eine Seilbahn auch finanzieren können…“

Winfried Walter ist froh, wenn es endlich eine Entscheidung gibt, wie die Wilhelmsburg künftig erreicht werden kann. „Gut, dass die Landesgartenschau 2030 uns da eine Deadline setzt.“

Eine andere Möglichkeit wäre laut Martin Rivoir einen Shuttle einzurichten, der von der Lehrer-Tal-Haltestelle übers Ruhetal und eine bestehende Unterführung hoch zur Burg fährt. Ebenfalls autonom und elektrisch. Ob dieser sogenannte „People Mover“, in dem etwa zwölf Personen Platz haben könnten, Realität wird, es wird sich hoffentlich noch in diesem Jahr herausstellen.

Isabella Hafner


Info: Nach dem 2. Weltkrieg wohnten in der Wilhelmsburg Flüchtlinge und ausgebombte Ulmerinnen und Ulmer. Es gab sogar ein eigenes Postamt und eine Schule. Fast 3.000 Menschen lebten dort gleichzeitig. Danach zogen Soldaten ein, bis 1970. Seither stehen die meisten Räume leer.

Für die weitere Belebung der Burg wurden laut Website der Stadt Räume auf rund 1.000 Quadratmetern Fläche ausgebaut um unterschiedliche Nutzungen auszuprobieren. Die Räume sind im Erdgeschoss und Obergeschoss des Ostflügels entstanden. Start-Ups und junge Unternehmer haben dort ihren Platz gefunden.