Doppelte Erträge durch Agri-Photovoltaik

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Doppelte Erträge durch Agri-Photovoltaik

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Einen neuen Weg geht man bei Überlingen am Bodensee, wo die Sonne fast immer scheint. Die Bio-Hofgemeinschaft Heggelbach entwickelte neben ihrer Demeter-Landwirtschaft ein innovatives Energiekonzept auf Basis erneuerbarer Energien, das bereits mit dem Deutschen Solarpreis 2009 ausgezeichnet wurde. Seit 15 Jahren ernten die rührigen Biobauern Solarstrom von ihren Dächern. 2012 wurde die Hofgemeinschaft dann als Partner für das Forschungsprojekt APV-Resola (Agri-Photovoltaik - Ressourceneffiziente Landnutzung) ausgewählt. 

Auf einer 2,5 Hektar großen Versuchsfläche ermittelt hier das Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) gemeinsam mit der Uni Hohenheim und den Heggelbachern das Potenzial der „Agri-Photovoltaik“, bei der landwirtschaftliche und solare Nutzung gekoppelt wird. Das soll die Flächenkonkurrenz zwischen beiden entschärfen. Statt der üblicherweise dicht gepackten Solarparks geht man dabei zu einer offeneren Bauweise über, bei der die Modulständer nicht der üblichen Bewirtschaftung mit Landmaschinen im Weg stehen. In Heggelbach schweben die Modulreihen in 5 Metern Höhe mit so großen Abständen, dass auch direkt unter der Anlage genügend Licht und Regen ankommen, um Landwirtschaft zu betreiben. Daneben liegt eine gleich große Fläche ohne Solaranlage zum Vergleich.

Forscher der Uni Hohenheim beobachten seit 2017 das Wachstum der Feldfrüchte und staunten nicht schlecht: Alle Kulturen unter der Solaranlage lieferten im ersten Jahr mehr als 80 % des normalen Ertrags der Vergleichsflächen. Untersucht wurden Getreide, Gemüse, Kartoffeln und Kleegras. Noch überraschender war das Ergebnis im Hitzesommer 2018. Die Pflanzen profitierten offenbar von der teilweisen Beschattung und konnten Hitzeperioden besser überstehen. Der Ertrag lag in diesem Jahr um bis zu 10 % höher als auf den Flächen ohne Solarmodule. Gleichzeitig lieferte die Anlage ein Rekordergebnis von 250.000 Kilowattstunden erneuerbarem Strom. Auch ein Erfolg der neuen Technologie, denn in Heggelbach werden sogenannte bifaziale Module eingesetzt, die auch auf der Rückseite Sonnenlicht einfangen. Besonders wenn Schnee die Sonne reflektiert, beschert dies ein Plus von bis zu 25 % Solarstrom. So wirft der Acker auch im Winter gute Erträge ab.

Die Bilanz fällt nach den ersten Jahren erfreulich aus: Durch die doppelte Nutzung lässt sich die Flächeneffizienz auf ca. 160 % steigern, bei den Kartoffeln waren es sogar über 180 %. Damit können auch kleinere Betriebe rentabler wirtschaften und sind gleichzeitig besser gegen trockene Sommer gewappnet.

Andere vielversprechende Pilotprojekte zur Agri-PV, z.B. bei der Hochschule Weihenstephan, arbeiten mit Solarmodulen, die je nach Sonnenstand nach Osten und Westen geschwenkt werden können und so auch in den Morgen- und Abendstunden für gute Erträge sorgen oder senkrecht gestellten Solarpaneelen, die auf beiden Seiten Sonnenenergie einfangen und dazwischen den Boden für die Landwirtschaft frei lassen. Folien mit halbtransparenten Dünnschicht-Solarzellen können als Schattierung für Kulturpflanzen oder Abdeckung von energieautarken Gewächshäusern dienen u.v.m. Der Stand der Solartechnik lässt inzwischen kaum noch Wünsche offen. Ab 2022 können Agri-PV-Projekte bis 2 Megawatt dann auch über eine spezielle Innovationsförderung des Bundes bezuschusst werden.

Thomas Dombeck


Broschüre: Agri-Photovoltaik - Chance für Landwirtschaft und Energiewende, Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme, Freiburg 2020. Erhältlich unter: www.ise.fraunhofer.de

www.agri-pv.org