Eine Handvoll Korkrinde

Lesezeit
3 Minuten
Gelesen

Eine Handvoll Korkrinde

Erstellt in:
0 Kommentare

Sieht wie Styropor aus, ist es aber nicht. Oder doch? Also, wohin damit? Wer am Recyclinghof Grimmelfingen nicht weiß, in welchen Container der Müll muss, findet in der EBU-Mitarbeiterin Magdalena Flint eine kompetente Ansprechpartnerin. 

Sie ist eine gefragte Frau. Immer wieder wird Magdalena Flint von Menschen angesprochen, die Päckchen und Säckchen fragend in die Höhe recken: „Wo kommd denn des nei?“ „Ist des Kundschdoff?“ Die 57-Jährige weiß es und gibt gerne Auskunft. Ihr Arbeitsplatz ist groß, mal ist er am Container für Holzabfälle, mal am Behälter für Metalle, dann wieder beim Altglas oder an der Box für Batterien. Doch ihr Spezialgebiet ist der Bereich Problemmüll, an dem man Lacke, Säuren, Laugen, Pflanzenschutzmittel oder Rohrreiniger abgeben kann – nach umfassender Prüfung der Norddeutschen, die sich bei der Stadt Bremen zur Ver- und Entsorgerin, Fachrichtung Abwasser, ausbilden ließ. In Ulm hat sie die Zusatzprüfung TRGS 520 abgelegt. Mit diesem Sachkundenachweis ist sie qualifiziert, gefährliche Abfallstoffe richtig einzuordnen und entgegenzunehmen.

Die Bremerin ist vor 13 Jahren nach Ulm gezogen, weil ihr Mann hier eine Stelle als Ingenieur angenommen hat. Seit 2012 ist sie Angestellte der Entsorgungs-Betriebe der Stadt Ulm (EBU). Auch ihre Schwägerin hatte sie damals ermutigt, ihren Mann in den Süden zu folgen: „Sie sagte zu mir. Komm her, hier ist es cool“. Und, ist es cool? „Ja, schon.“ Und dennoch sei der typische Ulmer auch speziell, ja fast schon einzigartig. „Ich habe bei meiner Arbeit im Norden nie erlebt, dass Menschen auch mit nur kleinen Mengen zum Recyclinghof fahren. Und das auch noch überwiegend in ihrem Urlaub oder an freien Tagen“, lacht die Mutter eines Sohnes: „Eine Kollegin hat mir erzählt, dass sogar schon einmal jemand mit nur einer Handvoll Korkrinde vor ihr stand.“

Am Samstag ist Hochbetrieb

Dennoch ist sie voll des Lobes für die Ulmer Bürgerschaft, die gewillt ist, ihren Müll fachgerecht zu entsorgen. Zumindest der größte Teil davon.

Speziell an den Samstagen ist am Standort an der Wiblinger Allee ein unaufhörliches Kommen und Gehen, quasi im Minutentakt geht die Schranke an der Einfahrt hoch, suchen Autofahrer einen geeigneten Platz zum Entladen. Für einen gemütlichen Plausch mit einem Kollegen im Aufenthaltsraum bleibt dann keine Zeit. Magdalena Flint: „In diesen Zeiten des Hochbetriebs kann man nur einzeln in die Pause gehen.“

Trotz dieses eigentlich erfreulichen Andrangs bleibt auch ein Wermutstropfen. „Als ich nach Ulm gezogen bin, war die Stadt sauber, heute findet man leider an vielen Stellen achtlos weggeworfene Schachteln, verdorbenes Obst, Kippen und Flaschen“, so Magdalena Flint, die zum Thema Wildmüll ihr ganz eigenes Rezept entwickelt hat: „Um Ulm sauber zu halten, sollte man nicht mehr Mülleimer, sondern gar keine mehr aufstellen.“ Die Idee dahinter: Gibt es keine öffentlichen Möglichkeiten zur Entsorgung mehr, dann müssen sich die Menschen mehr Gedanken über ihren Müll machen. Das klingt gewagt, aber irgendwie auch interessant. In Tokio wird das bereits so gehandhabt. In der japanischen Metropole findet man keinen einzigen Mülleimer und sie zählt zu den saubersten Städten der Welt. Ein Vorbild auch für unsere Stadt?

Doch zurück auf den Recyclinghof Grimmelfingen, wo man seit drei Jahren nur noch durch eine Eingangskontrolle mit aktuellem Gebührenbescheid und Ausweispapieren kommt. Nur so kann auch gewährleistet werden, dass nur diejenigen ihren Abfall abladen, die dazu auch berechtigt sind: die Ulmer. Magdalena Flint: „Seit dieser Zeit ist das Müllaufkommen deutlich gesunken, da wir keinen Besuch mehr von Menschen aus dem Alb-Donau-Kreis oder aus Neu-Ulm bekommen.“

Sammeln lohnt sich

Die Ulmer nehmen die Kontrollen mit Gelassenheit. Zumindest ein großer Teil von ihnen. Nur manchmal ärgern sie sich, wenn auch kleinere Mengen Sperrmüll von den EBU-Mitarbeitern eingescannt werden müssen. Magdalena Flint: „In diesem Fall empfehlen wir immer größere Mengen zu sammeln, bis sich eine Fahrt zum Recyclinghof auch definitiv lohnt.“ Doch sie weiß auch, dass dies nicht immer für alle Bürger möglich ist: „Manche haben ja nur eine kleine Wohnung und einen winzigen Keller. Da wird jeder Platz benötigt.“

Fragen zur richtigen Entsorgung gibt es auf jeden Fall genug. Zum Beispiel: Kommt der Gartenzaun zum Holz oder in den Sperrmüll? Magdalena Flint klärt auf: „Holz, das im Freien verwendet wird, ist meist mit Lack behandelt und kommt deshalb in den Sperrmüll.“ Und was kommt in den Hausmüll? „Ganz einfach: Alles, was kleiner oder kürzer als der Unterarm ist.“

Seit über zehn Jahren steht Magdalena Flint auf dem Recyclinghof mit ihrem Rat zur Seite. Und das mit großer Freude, auch wenn so mancher Besucher aufgrund ihrer dunklen Stimme ab und zu mit den Worten zurückzuckt: „Das können Sie auch ein bisschen freundlicher sagen“. Auch darüber kann die Bremerin herzhaft lachen, denn angeschrien hat sie noch niemanden. Weshalb auch? Im Grunde freut sie sich über jeden, der seinen Abfall fachgerecht abgeben möchte. Bleibt zu hoffen, dass dies auch weiterhin so sein wird und Magdalena Flint eine gefragte Frau bleibt.

Stefan Loeffler


Kein Platz für Hopfenstangen

Es ist immer die große Frage: Was wird von den Mitarbeitenden der EBU-Recyclinghöfe in Böfingen, Donaustetten, Einsingen, Grimmelfingen, Jungingen, Wiblingen und am Eselsberg angenommen?

Anliefern kann man unter anderem Altfenster, Altkleider, Bauschutt, Elektrokleingeräte, Holz, Kabel, Leichtverpackungen, Metall, Papier, Tonerkartuschen, Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen. Wer Bildschirme, Elektrogroßgeräte, Kühlgeräte und Problemabfälle hat, muss unbedingt den Recyclinghof in Grimmelfingen ansteuern.

Auf gar keinen Fall werden an den sieben Standorten jedoch Altöl, Autoreifen, Feuerlöscher, Feuerwerkskörper, Munition, Gasdruckflaschen, infektiöse und radioaktive Stoffe sowie Gegenstände der Altholzkategorie A IV angenommen. Dazu gehören Bahnschwellen, Jägerzäune und Hopfenstangen.