Schwere Nutzfahrzeuge mit H2-Antrieb made in Ulm

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Schwere Nutzfahrzeuge mit H2-Antrieb made in Ulm

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Rund ein Drittel der verkehrsbedingten CO2-Emissionen in Europa verursacht der Schwerlastverkehr. Der Entwicklung und Einführung elektrischer Antriebe für LKW fällt deshalb eine Schlüsselrolle bei der Verkehrswende zu. Die US-Pioniere von Nikola Motors bringen nun einen innovativen Schwerlast-LKW heraus, der alternativ mit Batterie oder Brennstoffzellen betrieben werden kann.

Dank der langen Tradition im Nutzfahrzeugbau und der führenden Position der Wasserstoffforschung in Ulm wurde der IVECO-Standort im Donautal zum europäischen Produktionszentrum für den neuen Nikola TRE auserkoren. 40 Millionen Euro wird das Konsortium aus IVECO, CNH Industrial und Nikola Corporation in der ersten Phase in den Standort investieren, um die Produktion in kürzester Zeit hochzufahren. Die Markteinführung der Brennstoffzellen-Trucks ist für 2023 geplant. Die Batterieversion soll bereits ab 2021 zu haben sein. Im aktuellen EU-Projekt „H2Haul“ sollen zunächst 16 wasserstoffbetriebene Fahrzeuge an unterschiedlichen Standorten in Europa in der Praxis getestet werden. agzente plus hat bei IVECO-Projektleiter Marc Ruedel nachgefragt.

Herr Ruedel, die Produktion der neuen Elektro-Trucks soll bereits im kommenden Jahr beginnen. Welche Schritte werden dabei konkret im Ulm ablaufen?
Für den europäischen und zunächst auch amerikanischen Markt baut Nikola eine eigene Produktion bei IVECO auf. Hier in Ulm wurde bereits das Erfolgsmodell IVECO Stralis gebaut. Die Hauptkomponenten wie Batterien, e-Achse, Kabine, Rahmen, etc. werden von den Systempartnern oder anderen IVECO Werken angeliefert und in Ulm komplettiert. Auch wenn am Ende ‚Nikola‘ auf der Haube steht, steckt darunter ein IVECO Produkt made in Ulm. Das ist das Interessante an den Fahrzeugen.

Welche Vorteile bieten Brennstoffzellen-Antriebe im Schwerlastverkehr gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen?
Die Frage ist nicht ganz fair. Denn es gibt Einsätze von Nutzfahrzeugen, die perfekt auf ein batterieelektrisches Fahrzeug passen, während in anderen Anwendungsfällen der Brennstoffzellen-Antrieb seine Stärken ausspielen kann.

So ist ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle besser für den nationalen oder internationalen Fernverkehr geeignet. Auch Fahrten im 2 oder 3-Schicht Betrieb sind möglich. Mit einem Batteriefahrzeug ist man eher nicht auf weiten Strecken unterwegs, kann aber regional punkten. Das Laden des Fahrzeugs ist nahezu überall möglich. Der Wasserstoff-Antrieb erfordert dagegen spezielle Tankstellen. Im ersten Schritt werden sich die Einsatzbereiche daher an der Infrastruktur orientieren. Spediteure werden gut kalkulierbare Routen wählen, um die Erreichbarkeit der Tankstellen sicherstellen zu können.

Was sind die wichtigsten technischen Unterschiede?
Da beide Fahrzeugtypen gemeinsame Komponenten und Funktionsweisen haben, unterscheiden sie sich nur in der Strategie der Energiespeicherung und der Energieflüsse im Fahrzeug. Die Elektromotoren weisen die gleichen Eigenschaften auf. Man erreicht etwa 480 kW Leistung und ein maximales Drehmoment von rund 1.800 Nm, was schon bei niedrigen Geschwindigkeiten eine starke Beschleunigung ermöglicht. Den Hauptunterschied macht der Energiespeicher. Während der Ladevorgang der Batterien um die zwei Stunden dauert, sind die Wasserstofftanks in wenigen Minuten befüllt. Ein LKW kann bis zu 80 kg Wasserstoff tanken. Konservativ gerechnet erhält man damit eine Reichweite von 800 km. Das Gewicht eines Batteriespeichers ist um ein Vielfaches höher, die Reichweite etwa 400 km.

Lassen sich Elektroantriebe für beliebig hohe Nutzlasten einsetzen?
Technisch ist das nicht limitiert. Schwere LKW sind momentan bis 44 Tonnen Gesamtgewicht zulässig. Über eine europäische Regelung für alternative Antriebe sollen sogar 46 Tonnen möglich werden. Somit sind die Fahrzeuge für jeden Einsatz in Europa verfügbar.

Thomas Dombeck, Foto © Nikola Corporation