• Kaffeebecher lieber selbst mitbringen! Foto: Sascha Krautz © DUH
  • Das Relevo-Sortiment bietet große Auswahl. Bild: Relevo
  • Mehrweggeschirr von Relevo, in Ulm gibt es die Glas-Version. Bild: Relevo

Mehrweg-Optionen

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Mehrweg-Optionen

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Müll soweit das Auge reicht – auch in Ulm verstopfen weggeworfene Kaffeebecher, Burgerboxen und Pizzaschachteln zunehmend die Mülleimer und verteilen sich an Sommertagen über die Friedrichsau und Donauwiese. 3 Milliarden Einwegbecher für Heißgetränke werden allein in Deutschland jährlich verbraucht. Egal, ob Plastik oder Pappe: Die Produktion verschlingt Energiemengen, mit denen man eine Großstadt versorgen könnte. 

Dass Einweg nicht gut für die Umwelt ist, ist offensichtlich. Dass die Verpackungen aber auch Gesundheitsrisiken bergen, ist dagegen wenig bekannt. Kunststoffbeschichtetes Einweggeschirr kann nach Studien des Umweltbundesamtes per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) enthalten und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.

Die Lösung des Problems scheint denkbar einfach: Mehrweg-Systeme und eigenes Geschirr nutzen! Bei dem App-gesteuerten Modell, das auch das in Ulm verbreitete Relevo System anwendet, wird nicht mal Pfand fällig. Das entliehene Gefäß wird mit dem Smartphone abgescannt, der Leihvorgang gespeichert. Nun haben Kund:innen zwei Wochen Zeit, ihre Schüssel bei einer der rund 20 Relevo-Stellen in Ulm oder auch woanders abzugeben – Verlängerung per App ist jederzeit möglich. Gespült wird von der Gastronomie. So weit, so einfach. Was aber hält so viele To-Go Kund:innen noch davon ab, die klimafreundliche Mehrweg-Alternative zu nutzen?

Während fast alle für den Klimaschutz eintreten, dominiert in der Praxis offensichtlich weiter die Bequemlichkeit und Wegwerfmentalität. „Ohne Anreize oder Mehrweg-Nutzungspflicht wird sich daran nichts ändern“, meint Tobias Rocholl, Inhaber von „Brot und Stühle / Oh My Waffle!“. Sein Café ist der einzige Betrieb in Ulm, der To-Go Food ausschließlich in Mehrweggefäßen von Relevo ausgibt. „Wir riskieren dabei auch, Kund:innen zu verlieren, die keine Lust auf Mehrwegsysteme haben“, sagt der engagierte Gastronom. Für ihn geht das Gesetz komplett an der Praxis vorbei. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Gastronomie seien gefordert, sich ambitionierter für Mehrweg einzusetzen. Viele Betriebe haben die Gefäße zwar pflichtgemäß im Programm, bewerben sie aber nicht offensiv. So bleibt der Umstieg auf der Strecke und die Schüssel im Regal.

Vorschrift schon seit 2023

Die Mehrweg-Angebotspflicht ist nicht neu: Bereits seit 1. Januar 2023 gilt nach dem Verpackungsgesetz für Gastronomiebetriebe ab einer bestimmten Größe die Pflicht, To-Go-Food auch in Mehrweggeschirr ohne Aufpreis anzubieten und für die Kundschaft gut erkennbar darauf hinzuweisen. Kleinere Imbiss-Betriebe bis max. 5 Beschäftigte und 80 qm Gastro-Fläche sind zunächst ausgenommen, müssen dafür aber akzeptieren, dass die Kundschaft eigene Gefäße für das Essen und den Kaffee oder Tee mitbringt. Ketten zählen nicht zu den Kleinbetrieben, eben so wenig wie Lieferdienste, die ebenfalls mit Mehrweg-Gefäßen arbeiten müssen. 

Wir haben es selbst in der Hand: Als Konsumierende können wir viel öfter auf unserem Recht auf Mehrweg bestehen und dankend ablehnen, wenn der Kebap- oder Asia-Imbiss die längst verbotenen Styroporbehälter über die Theke reicht. Schon 2021 hat die damalige Bundesregierung mit der Verbots-Verordnung für Einweg-Plastik diese Verpackungen verboten, nebst Plastiktellern und -besteck sowie Strohhalmen. Fehlende Kontrollen der Kommunen verhindern bisher allerdings die Umsetzung. Unser Tipp von agzente plus: Gehen Sie voran und bringen Sie für den Mittagsimbiss Ihre eigene Tupperschüssel oder Brotzeitbox mit. Der Imbissladen muss diese befüllen. Das hilft nicht nur dem Klimaschutz, es ist auch gesünder und kultivierter, als aus Verpackungsmüll zu essen!

Umweltgerecht feiern

Auch bei Events und Streetfood-Veranstaltungen muss To-Go Essen laut Gesetz in Mehrweg angeboten werden. Ortsgebundene Straßenfeste verwenden ohnehin meist eigenes Geschirr und spülen es zentral oder per Spülmobil. Tage wie der Schwörmontag oder der Einsteinmarathon mit tausenden Gästen und mobilen Angeboten sind dagegen eine logistische Herausforderung. Die Stadt Ulm schreibt für ihre Veranstaltungen bereits Mehrweg-Getränkebecher aus Kunststoff vor, die von zunehmend angeheiterten Gästen – trotz Pfand – auch oft im Gebüsch entsorgt werden. Bei den Essständen gibt es allerdings noch reichlich Nachholbedarf. Dass es funktionieren kann, zeigte der letztjährige Streetfood-Markt der Citymarketing, bei dem Mahlzeiten im Relevo-Geschirr für einen Euro günstiger angeboten und auch reichlich gekauft wurden.

Getränkeflaschen

Beim Essen ist es mehr oder weniger offensichtlich, ob es sich um Einweg- oder Mehrweg-Behälter handelt. Schwieriger kann die Unterscheidung bei Getränkeflaschen sein. Glas oder Plastik bzw. der Pfand sind keine eindeutigen Merkmale. Supermärkte müssen am Regal inzwischen anschreiben, wo Mehrweg-Gefäße stehen. Im Zweifel kann man sich an den aufgedruckten Symbolen orientieren: Nur das kreisförmige, grün-blaue Mehrweg-Logo ist ausschlaggebend. Symbole mit drei kreisförmigen Recycling-Pfeilen zeigen Einweg-Verpackungen an. Alle Einweg-Flaschen und -Dosen sind seit 2023 mit 25 Cent Pfand belegt. 8 bis 15 Cent sind es i.d.R. bei Mehrwegflaschen. Mit bis zu 50 möglichen Wiederbefüllungen sind diese sehr energieeffizient und sparen durch die verwendeten Poolsysteme weite Transportwege ein.

Thomas Dombeck


Mehr zum Thema

www.mehrweg-mach-mit.de (Kampagne der DUH)

www.mehrwegulm.de (mit einer Liste der Betriebe in Ulm)

www.umweltbundesamt.de/tags/mehrweg


Neue Mehrweg-Kampagne in Ulm

Der zweideutige Aufruf "Besorg's Dir mehrfach!" wendet sich an Ulmerinnen und Ulmer, die sich gerne mit Essen To-Go versorgen. Die Ulmer Initiative Mehrweg startet eine Informations- und Sensibilisierungskampagne mit jungen Charakterköpfen, die vor typisch Ulmer Kulisse für die Nutzung von Mehrweggeschirr werben.

Wer sich’s mehrfach in der gleichen Schüssel besorgt, spart Rohstoffe und Müll, bekommt den besseren Geschmack und lebt gesünder. Betriebe, die noch kein Mehrweggeschirr für die Mitnahme von Speisen und Getränken anbieten, sollten unbedingt
darauf aufmerksam gemacht werden!