"Wie Yoga oder Meditation"

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"Wie Yoga oder Meditation"

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Honigbienen üben seit Jahrtausenden eine Faszination auf die Menschen aus. In letzter Zeit hat sich die Bienenhaltung stark vom Land in die Siedlungsgebiete verlagert, nicht nur weil es dort oft mehr Nahrungsquellen gibt. Die Imkerei erfreut sich als Hobby großer Beliebtheit. Martin Denoix, Vorsitzender des Imkervereins Ulm, erläutert im Gespräch, was die Bienenhaltung ausmacht.

Wie erklärst du dir das heutige starke Interesse an der Bienenhaltung?
Wer Bienen hält, beschäftigt sich mit Tieren, die mit normalen Haustieren nichts zu tun haben, da sie Insekten sind. Hunde, Katzen, Meerschweinchen etc. stehen uns viel näher. Bienen sagen uns nicht, was sie brauchen. Das bringt uns oft an unsere Grenzen und man sollte schon einiges wissen. Das macht die Sache interessant. Außerdem findet alles im Freien statt. Viele halten Bienen auch, um draußen zu sein und mal nicht auf Bildschirme zu starren. Ein Bienenvolk braucht uns Menschen nicht. So kann man auch bedenkenlos in Urlaub fahren. Diese Argumente zählten früher nicht, als man Bienen nur wegen des Honigs hatte.

Was hat sich im Vergleich zu früher noch verändert?
Damals hat man Bienen in Bienenhäusern gehalten oder ist mit ihnen gewandert. Dorthin, wo es blühte, beispielsweise zu Raps-Feldern oder um Waldhonig aus dem Schwarzwald zu ernten. Von den heute 450 Ulmer Imkern machen das nur noch zwei oder drei. Die meisten Hobby-Imker haben im Schnitt fünf bis sechs Völker, was im Jahr durchaus 200 bis 300 Kilogramm Honig ergeben kann, aber nicht muss. 

Erwerbs-Imkerei gibt es dagegen hauptsächlich in Obstbaugebieten wie am Bodensee, wo es mehr um die Bestäubung der Blüten geht als um Honig. Und da sind Biobauern im Vorteil, weil die meisten Imker ihre Völker sehr ungern auf Flächen mit Pestizideinsatz bringen. Nehmen die Tiere dadurch Schaden, muss ihn der Obstbauer ersetzen.

Was bedeuten dir deine Bienen?
Es ist ein Hobby mit vielen Freiheiten, die Bienen erwarten uns nicht. Man ist nicht an bestimmte Zeiten gebunden. Bei den Bienen zu sein, ist für mich wie Yoga oder eine Meditation. Man arbeitet in aller Ruhe und es hat fast etwas Therapeutisches.

Welche Rolle spielen Siedlungen und Gärten für die Bienen?
Eine sehr große, da immer etwas blüht. Jeder Hobbygärtner hat gerne Blumen. Dieses konstante Blütenband reicht als Grundversorgung schon aus, gibt aber noch keine Honigernte. Dazu braucht es mehr, etwa eine Löwenzahnwiese oder Streuobstwiese. Landwirtschaftliche Flächen bieten nur noch selten gute Voraussetzungen. Felder werden gespritzt und Futterwiesen oft schon vor der Blüte gemäht. Da erfüllen Kleingärten eine wichtige Funktion.

Wie weit fliegen denn die Bienen zu ihren Futterplätzen?
Ungefähr im Umkreis von 3 km. Weiter fliegen sie nicht, denn sie müssen ja wieder zurückfinden. Ihr kleines „Gehirn“ prägt sich Landmarken und Flugrouten ein. Bringt man Bienen mehr als 3 km weg, fliegen sie genau wieder an die Stelle zurück, an die man sie gebracht hat. Mehrere Standorte können sie sich nicht merken.

Wem gehören eigentlich die Stadthaus-Bienen?
Die Blumen um den Bienenstock sind ein Projekt der BUND-Hochschulgruppe in Kooperation mit dem Stadthaus. Die Bienen selbst gehören einem der Techniker, der seine Bienenzucht außerhalb Ulms hat und den Stock immer im Sommer zum Stadthaus bringt. Im Winter wäre es auf dem Balkon zu kalt. Interessanterweise kann er dort Lindenhonig ernten. Den sammeln die Bienen am Südlichen Münsterplatz, Karlsplatz oder Alten Friedhof.

Das Intervie führte Thomas Dombeck


Am Lehrbienenstand 

des Ulmer Imkervereins im Lehrer Tal kann man die Bienenzucht hautnah erleben. Es finden regelmäßig Einführungskurse und Programme für Schulen statt. Mehr unter www.imker-ulm.de

Tag der offenen Tür am Lehrbienenstand: Sa 12. Juli 10 bis 15 Uhr