Die Zukunft wird solar und digital

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Die Zukunft wird solar und digital

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Ein Interview mit Heizungsbauer Ernst Buck

Die Buck GmbH aus Beimerstetten beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Realisierung nachhaltiger Heizungssysteme und betreut mehrere Tausend Kunden in der Region. Geschäftsinhaber Ernst Buck setzt dabei in erster Linie auf Solartechnik und Digitalisierung. agzente plus sprach mit ihm aus aktuellem Anlass über seine praktischen Erfahrungen und Empfehlungen.

Aktuell gibt es einen großen Hype um die Novelle des Gebäudeenergie-Gesetzes (GEG). Fest steht, dass ab 2024 alle neu verbauten Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Im Moment sind unsere Kunden sehr zurückhaltend, wir haben einen extremen Einbruch verzeichnet. Alle sind verunsichert. Das ging schon letzten Oktober los, als die bisherigen Zuschüsse gestrichen wurden. Nach wie vor werden aber auch Gas- und Ölheizungen nachgefragt – wie natürlich auch Wärmepumpen, Pelletheizungen und Solarthermie. Wir haben in allen Bereichen viel Erfahrung vorzuweisen.

Ist es sinnvoll, jetzt noch eine Gasheizung einzubauen?
Das sehe ich etwas zwiespältig. Man kann auch heute noch Gasheizungen verbauen, wenn man den Verbrauch gleichzeitig stark reduziert. Das ist das A und O. Man kann z.B. viel erreichen durch thermische Solaranlagen mit Röhrenkollektoren, die sehr leistungsfähig sind. So lässt sich der Energieverbrauch bei einem Heizungstausch um über 50 Prozent reduzieren! Außerdem machen wir einen hydraulischen Abgleich und raten zu einer digitalen Steuerung der Raumtemperatur. Auch das kann viel bewirken. Oft empfiehlt sich zusätzlich ein Austausch der alten Heizkörper, um die Heizfläche zu vergrößern. Für die Restenergie kann man dann je nach Situation auch eine Pelletheizung verwenden. Davon haben wir zur Zeit rund 1.200 laufen. 

Wie zukunftsfähig sind Holz- oder Pelletheizungen, wenn sie die EU nur noch bedingt als klimafreundlich einstuft?
Holzpellets gehören für mich sicher zu den zukünftigen Brennstoffen. Natürlich können wir nicht ganz Deutschland mit Holz beheizen, aber doch zu einem gewissen Anteil. Die Versorgung ist gesichert, da momentan nur rund 0,5 Prozent unseres Holzeinschlags für Pellets genutzt werden. Das meiste kommt als Abfall- oder Restholz aus Sägewerken usw. Daher werden Pellets auch durch den Bund gefördert. Moderne Pelletheizungen haben Abgassonden, eine geregelte Luftführung und normierte Brennstoffe. Daher sind sie nicht vergleichbar mit den rund 17 Millionen ungeregelten Kaminöfen in Deutschland, die eine hohe Feinstaub- und Abgasbelastung verursachen. Es ist verständlich, dass die Politik da regulierend eingreift.

Wie kann man sich die Digitalisierung in der Heizungstechnik vorstellen?
Wir haben z.B. gerade ein Patent zur Optimierung von Einrohrheizungen eingereicht. Bei diesen einfachen Heizungssystemen zirkuliert das Wasser ständig, wenn der Kessel in Betrieb ist. Früher wurden Einrohrheizungen oft in Fertighäusern oder von größeren Bauträgern eingesetzt. Deutschlandweit gibt es aktuell etwa 1,2 Millionen davon. Wir haben nun ein Konzept für die Steuerung dieser Heizungen entwickelt. Statt nur die Außentemperatur wird dazu der tatsächliche Wärmebedarf der einzelnen Räume erfasst. Sind die Bewohner z.B. bei der Arbeit, läuft der Heizkessel nur so oft, dass eine Minimaltemperatur erreicht wird. Die Heizkörper werden dazu mit elektronischen Ventilen reguliert. Das Einsparpotenzial ist gigantisch, wie unsere Erfahrungen bei unterschiedlichen Haushalten zeigen. Und die Investitionen sind überschaubar. 

Aktuell dürfte v.a. die Nachfrage nach Wärmepumpen groß sein. Auf welche Lieferzeiten müssen sich Ihre Kunden einstellen?
Da sind wir relativ schnell. Wie die meisten Heizungsbauer haben wir auf Verdacht vorbestellt und genügend Wärmepumpen, Gas- und Pelletkessel auf Lager. Auch viele asiatische Hersteller kommen jetzt mit Wärmepumpen auf den Markt. Die ersten liefern wir gerade aus. Natürlich ist der Markt angespannt und v.a. größere, spezielle Wärmepumpen haben bis zu einem Jahr Lieferzeit. 

Wo werden die meisten Geräte hergestellt?
Einige große Heizungsbauer bieten eigene Wärmepumpen an, aber die überwiegende Mehrheit wird in Fernost produziert, vor allem auch die Komponenten. 

Also die nächste technologische Abhängigkeit?
Ja, die haben wir immer.

Haben Sie genügend Personal für den Einbau zur Verfügung?
Das wird am Ende sicherlich der Flaschenhals sein. Aber wir haben Personal aufgebaut, das natürlich auch geschult werden musste. Zwei Teams sind schon sehr fit in den neuen Technologien, viele unserer Beschäftigten haben einen Kälteschein. Wir haben schon sehr früh mit Wärmepumpen angefangen und waren damals von Bregenz bis Aschaffenburg unterwegs, da es noch wenige Anbieter gab. Inzwischen hat sich das geändert und wir haben unsere Fahrtstrecken reduziert.

Gehen wir mal näher auf die Wärmepumpen-Technologie ein. Was ist der Standardtyp?
Zu 95 Prozent verbauen wir Luft-Wärmepumpen, da die am einfachsten zu installieren sind. 

Wieviel Strom verbrauchen diese?
Das hängt wesentlich vom Gebäude ab. Hat es z.B. eine Fußbodenheizung, ist das günstiger, da die Fläche größer und die Vorlauftemperatur geringer ist. Auch die Dämmung spielt natürlich eine Rolle. Angenommen, Sie haben ein Haus mit Gaskessel, eine Fußbodenheizung und 200 m2 Wohnfläche. Bei einem heutigen Verbrauch von 3.000 m3 Gas bzw. 30.000 Kilowattstunden Heizenergie kostet das beim aktuellen Gaspreis rund 4.000 € im Jahr. Das kann sich aber jederzeit ändern. Eine typische Wärmepumpe erzeugt aus einem Kilowatt Strom um die drei Kilowatt Wärmeenergie. D.h. Sie müssen mit 10.000 Kilowattstunden Strom rechnen, bei günstigen Bedingungen vielleicht auch nur mit 7.000. Bei einem Strompreis von 40 Cent sind das rund 3.000 €. Mit steigenden Gaspreisen erhöht sich die Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe automatisch, zumal wenn auch in Energiesparmaßnahmen und Solartechnik investiert wird.

Dann sind Luft-Wärmepumpen das Zugpferd der Energiewende?
Man sollte sich schon klarmachen, dass Wärmepumpen nicht nur Umweltwärme nutzen, sondern auch Strom verbrauchen. Wenn wir jetzt jedes Jahr 400.000 Wärmepumpen zubauen, verdreifacht sich der Strombedarf. Das werden wir innerhalb einer Dekade nicht hinbekommen. So viele Windräder und Solaranlagen können wir in der kurzen Zeit gar nicht bauen. Zuerst müssen wir mal unseren Konsum und den Energieverbrauch deutlich reduzieren.

Grundwasser-Wärmepumpen sollen einen deutlichbesseren Wirkungsgrad haben wegen der konstanten Wassertemperatur. Gleicht das den höheren Aufwand aus?
Wir haben kürzlich eine Grundwasser-Wärmepumpe in Neu-Ulm installiert, nur 20 Meter von der Donau entfernt. Die Kosten hielten sich im Rahmen, insgesamt etwa 65.000 € für ein größeres Gebäude mit vier Wohnungen und einer Praxis. Der Wirkungsgrad ist tatsächlich etwas höher, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. 

Wir haben das mal genau vermessen, den Stromverbrauch auf der einen und auf der anderen Seite einen Wärmezähler. Dabei kommen wir über einen Faktor 3,8 nicht hinaus, ähnlich wie bei einer Luft-Wärmepumpe. Ich glaube, die Zahlen, die dazu gerade veröffentlicht werden, haben nichts mit der Realität zu tun. Denn der Stromverbrauch für eine Brunnenpumpe ist nicht zu vernachlässigen, je nach Tiefe des Grundwassers.

Das neue Gesetz lässt weiterhin auch Gasheizungen zu, wenn sie als „H2-ready“ eingestuft sind, also auch mit Wasserstoff betrieben werden können. Was versteht man darunter?
„H2-ready“ sagt nur aus, dass dem Erdgas bis zu 15 Prozent Wasserstoff beigemischt werden kann. Es bedeutet nicht, dass man irgendwann ganz auf Wasserstoffbetrieb umsteigt. Langfristig wird das so nicht stattfinden, da die Kosten zur Erzeugung von Wasserstoff so immens sind, dass es sich nicht rechnet, ihn in Heizkesseln zu verbrennen. Da ist ein Blockheizkraftwerk mit Brennstoffzellen die bessere Alternative.

Auch das wird ja oft als Möglichkeit diskutiert.
Ja, wir haben auch einige Brennstoffzellen laufen. Aber da ist die Technologie noch am Anfang. Die Brennstoffzellen müssen das ganz Jahr über laufen und erzeugen dann eine bestimmte Menge Strom. Die Abwärme wird für die Heizung benutzt. Doch momentan wird dazu auch Erdgas verwendet, das zuerst in Wasserstoff umgewandelt werden muss, um daraus Strom und Wärme zu gewinnen. Darin sehe ich keinen Sinn. Ist mal genügend grüner Wasserstoff vorhanden, kann das im Zuge der Kraft-Wärme-Kopplung vielleicht eine Rolle spielen. 

Nochmal zusammengefasst: Was ist Ihre generelle Empfehlung für die nächste Heizung?
Im Prinzip sind es drei wichtige Bausteine: Zuerst der Einsatz von Solartechnik und die digitale Temperatursteuerung. Beides sollten wir nutzen, um den Energiebedarf so weit wie möglich zu reduzieren. Dann ist es wichtig, sich die Bedingungen vor Ort genau anzusehen. Mit dem standardisierten Heizungs-Check haben wir eine gute Grundlage, um die Situation zu bewerten. Für die Restenergie sollten wir die beste verfügbare Verbrennungstechnologie oder Wärmepumpe nutzen.

Das Interview führte Thomas Dombeck