Wieviel Verpackung darf’s denn sein?
Verpackungen begleiten uns in jedem Bereich des täglichen Lebens. Vom schnellen Coffee To-Go bis zum neuen Fernseher - alles wird irgendwie verpackt. Wir haben die Wahl zwischen tausenden Produkten, deren Verpackungen größer oder kleiner ausfallen, oft sinnlos sind und selten eine nachvollziehbare Ökobilanz haben. Ist die Papiertüte besser oder schlechter als (Recycling-)Plastik? Sollen wir den Herstellern glauben, dass ihr Bioplastik ökologisch ist? Pauschal lässt sich das nicht beantworten, und häufig zu lesenden Aufdrucke wie „zu 100 Prozent recycelbar" etc. sagen kaum etwas aus.
Rund 6.000 Tonnen Verpackungen werden in Ulm pro Jahr über den gelben Sack eingesammelt und von den Dualen Systemen verwertet. Mit 50 kg pro Einwohner liegt Ulm im landesweiten Vergleich sehr hoch (Abfallstatistik BW, 2022). Der Inhalt der gelben Säcke und Tonnen geht in vier automatisierte Sortieranlagen in Süddeutschland, wo die verschiedenen Wertstoffe getrennt und zerkleinert werden. Dies funktioniert umso besser, je sauberer die Verpackungsabfälle vorsortiert sind. Etwa 60 Prozent der Gesamtmenge werden derzeit als Wertstoffe recycelt, der Rest (oft falsch sortierter Müll) meist als Brennstoff für die Industrie verwendet.
Warum gelbe Säcke?
Für die Entsorgung von Verkaufsverpackungen ist in Deutschland die Privatwirtschaft verantwortlich, seit 1990 der "Grüne Punkt" als erstes "Duales System" in Deutschland eingeführt wurde. Im Rahmen der heute ca. 20 Dualen Systeme müssen alle Händler und Hersteller, die Verpackungen in Umlauf bringen, Gebühren für deren Entsorgung bezahlen. Daher kostet der gelbe Sack selbst keine Gebühren, das bezahlen wir an der Supermarktkasse mit. Auf lokaler Ebene werden von den Dualen Systemen Firmen (in Ulm derzeit Remondis Süd) mit der Sammlung und Verwertung beauftragt.
Aus diesem Grund dürfen in den Gelben Sack nur Leichtverpackungen aus Kunststoff bzw. Metall. Ähnliche Materialien wie Haushaltsfolien oder Styropor, die keine Verkaufsverpackungen darstellen, sind nicht erlaubt. Oft lässt sich das schwer unterscheiden. So wird z.B. ein Plastik-Blumentopf, in dem man beim Gärtner eine Pflanze kauft, als Verpackung deklariert, während derselbe Topf mit einer selbst gezogenen Pflanzen keine solche ist und – streng genommen – nicht im Gelben Sack entsorgt werden darf. Kontrollieren lässt sich das i.d.R. nicht. Was wertstofflich sinnvoll erscheint, muss hier nicht am komplizierten Abfallrecht scheitern.
Welche Verpackungen sind recycelbar?
Was recycelt wird und was nicht, entscheidet sich nach der Wirtschaftlichkeit. Sind Verpackungen aus mehreren Schichten oder Verbundstoffen (z.B. Papierfasern und Kunststoffen) aufgebaut, ist ein stoffliches Recycling oft nicht rentabel und das Produkt landet in der Müllverbrennung. Die spätere Sortierung und Verwertung muss von Anfang an mitgedacht werden (Design for Recycling). Die Marke „Frosch“ gilt hier seit langem als Pionier, inzwischen folgen viele Hersteller dem Beispiel.
Gefordert wird u.a. die Einführung einer "Verpackungs- ampel", um die Klimaauswirkungen des verwendeten Materials für Verbraucher transparent zu machen. Dies wird wohl noch länger dauern.
Deshalb einige Tipps für recyclingfähige Verpackungen:
- Möglichst keine mehrschichtigen Verbund-Materialien (wie z.B. Getränkekartons)
- Keine Mischungen aus faserhaltigen Materialien und Kunststoffen (z.B. Papier und PE)
- Kein Bioplastik (dafür gibt es bisher keine Recyclingverfahren)
- Vorteilhaft sind trennbare Einzelteile (Flasche, Deckel, Etikett), bitte auch getrennt entsorgen
- Eindeutiges, sortenreines Hauptmaterial (erkennbar am Re- cyclingcode, z.B. 01 PET)
- Möglichst helle bzw. transparente Kunststoffe (keine dunklen Farben)
- Hauptmaterial sollte an der Oberfläche erkennbar sein (Verdeckung durch Banderolen oder großflächige Etiketten führt zu Fehlsortierungen)
Wie klimafreundlich sind Getränkeverpackungen?
Es ist verlockend: Das Erfrischungsgetränk in der PET-Einwegflasche lässt sich gut mitnehmen, ist leicht und praktisch. Und PET lässt sich doch so gut recyceln – oder? Die Deutsche Umwelthilfe hat Ökobilanzen verschiedener Getränkeverpackungen verglichen, mit teils erstaunlichen Ergebnissen (Quelle: www.mehrweg-mach-mit.de).
PET-Flasche 1,5 l: 139 kg CO2 / 1.000 l Getränk
Über 200 PET-Flaschen werden im Schnitt pro Einwohner und Jahr in Deutschland konsumiert. Ein riesiger Plastik-Berg. Auch wenn es oft so dargestellt wird, bilden die Plastikflaschen keinen geschlossenen Kreislauf beim Recycling. Trotz 25 Cent Pfand werden viele nicht zurückgegeben, Material geht bei der Aufbereitung verloren oder muss wegen Qualitätsverlusten aussortiert werden. Auch bei den Transportwegen schneidet die PET-Flasche schlecht ab. Wenige große Hersteller beherrschen den Markt und transportieren ihre Flaschen durch die gesamte Republik.
Glasflasche Einweg: 350 kg CO2 / 1.000 l Getränk
Bei den CO2-Emissionen bilden Einweg-Glasflaschen das Schluss-licht. Zwar bestehen sie bis zu 80 Prozent aus recyceltem Altglas, aber der Schmelzprozess ist sehr energieaufwändig und das Glas relativ schwer. Dass die Getränke, ähnlich wie bei PET-Flaschen, meist über weite Strecken transportiert werden, verschlechtert die Klimabilanz zusätzlich.
Getränkedose 0,5 l: 300 kg CO2 / 1.000 l Getränk
Nicht viel besser bei den Getränkedosen: Auch die Herstellung von Aluminium und Weißblech ist ein Energiefresser. Das Metall lässt sich zwar recyceln, der Anteil von Recyclingmaterial an Weißblechdosen beträgt aber nur wenige Prozent, beim Aluminium praktisch 0. Je kleiner übrigens die Füllmengen, desto schlechter die CO2-Bilanz.
Getränkekarton 1 l: 50 % Plastik und Alu
Das beliebte Tetra Pak besteht keineswegs nur aus Karton. Mehrere Schichten Kunststoffe und Aluminium umgeben den Kern aus Papierfasern. Ein Verbundmaterial, das sich nur schwer in seine Bestandteile zerlegen lässt. Bisher wird für die Herstellung praktisch kein Recyclingmaterial verwendet.
Mehrwegflasche (Glas / PET): 70 - 84 kg CO2 / 1.000 l Getränk
Bei der CO2-Bilanz schneidet die 1-Liter PET-Mehrweg-Flasche am besten ab. Als „Poolflasche“ kann sie fast überall abgegeben werden. Durch den regionalen Handel bleiben die Transportwege meistens unter 200 km. Gängige Mehrwegflaschen können bis zu 50 Mal (Glas) bzw. 25 Mal (PET) kalt gespült und wieder befüllt werden. Man erkennt diese Flaschen an dem blau-grünen Mehrweglogo und dem Pfand von 8 bzw. 15 Cent.
Jute statt Plastik?
Selbst mitgebrachte Stoffbeutel sind ökologisch sinnvoller als die inzwischen verbotene Plastiktüte vom Supermarkt. Das ist bekannt. Stimmt aber nicht immer!
Auch Taschen aus Papier oder Baumwolle haben Auswirkungen auf das Klima. Eine Papiertüte verursacht 60 g CO2, ist im Durschnitt 25 Minuten im Gebrauch und wird danach weggeworfen. Um die Klimabilanz auszugleichen, muss eine Einwegtüte aus frischen Papierfasern mindestens dreimal so oft genutzt werden wie eine Plastiktüte aus Erdöl. Eine Stofftasche verbraucht bei der Produktion am meisten Ressourcen. Laut GEO müssen Stofftaschen mindestens 131 Mal benutzt werden, damit die Klimabilanz besser ist, als die von Einweg-Plastiktüten! Aufgrund der hohen Umweltbelastung ist es entscheidend, den Stoffbeutel möglichst häufig zu verwenden und nicht jedes Mal neu zu kaufen.
Thomas Dombeck
Das ist gesetzlich geregelt
- Seit 2021 sind Einweg-Plastikartikel wie Teller, Besteck, Strohhalme, Styroporboxen und -becher nach einer Verordnung des Bundes verboten.
- Laut Verpackungsgesetz sind seit 2022 Plastiktüten im Handel nicht mehr zulässig.
- Für alle Einweg-Getränkebehälter (außer Tetrapaks) gilt eine Pfandpflicht von 25 Cent.
- Hersteller und Händler müssen alle Verpackungen in einem zentralen Register (LUCID) erfassen. Die verpflichtenden Recyclingquoten für Verpackungsmaterial werden stufenweise erhöht.
- Seit 2023 schreibt das Verpackungsgesetz für Essen To-Go eine Mehrweg-Angebotspflicht vor. Mehrweg-Behälter dürfen nicht teurer sein als Einweg. Kleinbetriebe unter 5 Beschäftigte müssen ersatzweise mitgebrachte Essensbehälter befüllen.