Bundespräsident kürt Ulmer Initiative mit Hauptpreis

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Bundespräsident kürt Ulmer Initiative mit Hauptpreis

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Was tun, wenn zahlreiche Hilfsangebote für Menschen mit psychischen Problemen plötzlich wegfallen? Gerade für Menschen, die sowieso schon eine schwere Zeit haben, ist so eine Corona-Krise besonders schwer. Eine Ulmerin hat eine Online-Plattform gegründet, für die sie nun von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgezeichnet worden ist.

Gleich als der Corona-Shutdown angekündigt wurde, hat sich die Ulmerin Isabell Schick hingesetzt und mit einem befreundeten Webdesigner die Plattform www.rettungs-ring.de hochgezogen. In nur zwei Wochen. Denn ihr war sofort klar: Menschen mit psychischen Problemen dürfen jetzt nicht sich selbst überlassen bleiben. Isabell Schick leitet seit Jahren eine Selbsthilfegruppe.

Wer auf die Seite geht, kann an Gesprächsringen zu unterschiedlichen Themen teilnehmen. Und findet dort Trost, Halt, Tipps - merkt einfach: Er oder sie ist nicht alleine. Da gibt es auch andere Menschen, deren Seele gerade schwer ist, die nicht weiter wissen, die durcheinander sind. Man kann an den Gesprächsringen per Video teilnehmen oder einfach nur per Telefon, wenn man nicht gesehen werden will. Mittlerweile gibt es aber auch Ringe zur Zerstreuung. Da kann man ein Quiz lösen oder Krimigeschichten.

Innerhalb der ersten drei Monate haben bereits hunderte von Menschen an den Ringen teilgenommen. Menschen aus allen Ecken Deutschlands, sagt Isabell Schick. Dass sie und viele der Moderatoren der Ringe selbst psychische Erkrankungen erlebt haben, sei nun, in der Krise, von Vorteil. Denn: „Ich hatte solche psychischen Krisen, dass ich diese Gefühle schon kenne. Ich weiß, wie das ist, wenn ich Angst habe, dass ich im nächsten Monat nicht mehr zum Arbeiten kann, weil ich zu krank bin, dass ich kein Geld mehr habe für Lebensmittel, dass ich Menschen in einer Krise verliere, weil ich nicht mehr verstanden werde. Ich weiß aber auch: Aus Krisen kommt man wieder raus.“

Im Vergleich zu den Treffen mit der Selbsthilfegruppe trauten sich nun auch mehr junge Leute, vorbei zu schauen. Und auch mehr Menschen vom Land. Denn dort wollen viele nicht, dass andere mitbekommen, wenn die Seele rebelliert. Isabell Schick: „Da hat uns ein Teilnehmer mal etwas Wunderbares gesagt. Er hat gesagt: Er sei seit 25 Jahren krank. Er war außer bei einem Facharzt noch nirgends, weil er sich nicht hingetraut hat, aus Scham.“ Jetzt nimmt er per Telefon an den Gesprächsringen teil. Sie freut sich schon auf den Moment, wenn er sich vielleicht überwindet und die Kamera einschaltet.

Vom Bundespräsidenten gab es jetzt für das tolle Engagement von Isabell Schick und ihren Mitstreitern nicht nur große Worte der Anerkennung - per Livestream im Internet, aus dem Schloss Bellevue. Sondern auch: ein Preisgeld. Das will Isabell Schick jetzt ins Projekt stecken. Denn der Rettungs-Ring wird komplett von Ehrenamtlichen gestemmt.

Isabella Hafner