Millionen von Daten für die Mobilität in Ulm

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Millionen von Daten für die Mobilität in Ulm

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18 Millionen Verkehrsdaten sammelt die Abteilung Vermessung der Stadt Ulm Monat für Monat - und sie will noch mehr: "Wir wollen die komplette Verkehrssituation in Ulm live abbilden können", nennt Gerrit Bernstein, der Abteilungsleiter des Bereichs Vermessung, den Grund für seinen Datenhunger. Denn Daten sind eben die Grundlage für gute Entscheidungen. Denn Daten verschaffen Wissen.

Das beginnt etwa beim schnelleren Erkennen von Gefahrenstellen oder Risikozonen, die dann auf der Grundlage belegbarer Zahlen entschärft werden können. Oder bei der schnellen Reaktion auf Störungen im Straßenverkehr, wie etwa kleineren Staus oder Unfällen, die mit entsprechenden Umleitungen schneller aufgelöst werden können - oder bei der Planung von Baustellen und der dafür notwendigen sinnvollen Verkehrsführung. Bis hin zur mittel- und langfristigen Verkehrsplanung. Denn eines hat Gerrit Bernstein schon erkannt: "Der Individualverkehr wird nicht weniger." Es gehe also darum die Verkehrsflüsse intelligent zu verlagern - dafür soll ein eigenes Verkehrsleitsystem entwickelt werden. Unterm Strich wird dabei nicht nur die Verkehrsführung angemessen geleitet, sondern die Fragen des Stadtklimas spielen auch hier eine wachsende Rolle. Ein Baustein für die Lebensqualität in Ulm.

Dabei ist Daten sammeln ein urmenschliches Vorgehen, das schon in der Frühzeit elementar fürs Überleben war: Die Fährtensucher von damals deuteten die Spuren ihres Lebensumfeldes - je besser, desto weniger Risiko für die Gruppe und desto höher die Aussicht auf Jagderfolg. Selbst heute sammelt jeder Mensch Daten, um für sich gute Entscheidungen zu treffen. Die technischen Möglichkeiten mit den immensen Kapazitäten für Daten sammeln und verarbeiten sind mittlerweile enorm - und Gerrit Bernstein nimmt, was er bekommen kann: "Wir haben eine Fülle von Datenquellen, die wir heranziehen können", erklärt er mit Begeisterung - und er freut sich über jeden gesammelten Datensatz, der ihm zeigt, wann und wo welcher Fahrzeugtyp auf den Ulmer Straßen unterwegs war.

Da sind die kleinen Kameras, die mittlerweile standardmäßig in den Ulmer Ampeln verbaut sind - werden ältere Ampelanlagen turnusgemäß ersetzt, ist die Datensammlung quasi inklusive. Oder die lächelnden oder schmollenden Hinweistafeln auf die aktuell gefahrene Geschwindigkeit - auch die können Daten sammeln. Und da sind auch die Kontaktschleifen, die an vielen Stellen in den Straßen der Stadt verbaut sind. Und eine ganze Anzahl eigener Sensoren. Hinzu kommen noch die Daten, die externe Unternehmen oder Dienstleister sammeln, mit denen Bernstein die Überlassung und Nutzung relevanter Verkehrsdaten vereinbart hat.

Nicht zuletzt haben auch die Ulmer Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit eigene Sensoren für eigene Zwecke anzubringen. Etwa, wenn sie den Eindruck haben, dass vor ihrem Haus zu viel Verkehr herrscht oder zu schnell gefahren wird - so lassen sich Vermutungen belegen und die Diskussion über mögliche Lösungen kann weniger emotional geführt werden. Voraussetzung: Ein Fenster zur Straße, denn die  Sensoren werden einfach innen ans Fenster geklebt.

All das geschieht auf der Grundlage der Datenschutz-Grundverordnung: "Alle Daten, die wir sammeln oder zu Rate ziehen, sind datenschutzkonform", unterstreicht Bernstein: Die Sensoren, die in den meisten Fällen Kameras sind, lassen personalisierbare Daten nicht zu - "dafür ist die Auflösung zu schlecht". Aber sie können PKW von Lastwagen unterscheiden, Motorräder, Scooter und Fahrräder erkennen - Kennzeichen oder Gesichter eben nicht.

Noch ein Punkt wird in der Diskussion um Datenschutz und der oft angeführten drohenden Überwachung durch kommunale Institutionen oft verloren: Die Ulmer Vermesser dürfen nicht willkürlich Daten sammeln - "dem liegt immer ein Beschluss zu Grunde, der uns erst die rechtliche Grundlage bietet, Daten zu sammeln", erklärt Gerrit Bernstein. Und das macht er weiterhin mit großer Begeisterung. Denn er schafft damit die Grundlage für gute Entscheidungen. Für Ulm.

Info: Wer Interesse an einem eigenen Sensor hat, kann sich unter anderem hier näher informieren: www.telraam.net

Karl-Michael Dittrich