Wie wir die Wärmewende gemeinsam voranbringen
Die Ideenwerkstatt des Arbeitskreis Energie fand dieses Jahr Ende Juni zum Thema Wärmewende statt. Ziel war es, mit verschiedenen Ulmer Akteuren Ansätze zu entwickeln, wie klimafreundliche Wärmeerzeugung gemeinsam vorangebracht werden kann.
Das Heizen - und künftig wohl auch das Kühlen - von Gebäuden verursacht einen großen Teil der klimaschädlichen CO2-Emissionen in Deutschland. In Ulm werden laut CO2-Bilanz von 2023 rund 1.600.000 MWh Heizenergie benötigt. Davon wurden 2019 ca. 1/3 aus erneuerbaren Quellen oder Kraft-Wärme-Kopplung bereitgestellt. Um entsprechend den Ulmer Klimazielen bis 2045 klimaneutral zu werden, also ohne fossile Energieträger wie Öl, Gas oder Kohle auszukommen, muss vor allem im Wärmesektor viel passieren.
Spätestens Mitte 2028 sollen per Gesetz alle neuen Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbarer Energie betrieben werden. Für bestehende Gebäude gibt es Übergangsfristen, unter bestimmten Voraussetzungen wird der Heizungstausch staatlich gefördert. Weiterhin spielt auch die energetische Sanierung von Gebäuden eine wichtige Rolle und muss vorangetrieben werden.
Viele Menschen sind nun verunsichert: Was gilt für mein Gebäude, welches sind die nächsten Schritte, was plant die Stadt in Sachen Fernwärme, wo bekomme ich Unterstützung?
Die Ideenwerkstatt im Club Orange der vh ulm bot nun allen von der Wärmewende Betroffenen - Eigentümer*innen, Energieberater*innen, Versorgungsunternehmen, Kommunal-vertretende - die Gelegenheit, sich auf einen gemeinsamen Kenntnisstand zu bringen und Schritte zu erarbeiten, um in Ulm und der Region in der Wärmewende voranzukommen.
Am Vormittag gab es nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Martin Ansbacher auf bewährte Weise inhaltliche Inputs: Fabian Briemle, Klimaschutzmanager der Stadt Ulm (Abt. SUBII, Team Klimaschutz) stellte den aktuellen Stand des kommunalen Wärmeplans vor. Auf Basis einer Analyse der bestehenden Wärmeversorgung aller Gebäude in Ulm, des Wärmebedarfs und des Potenzials zur Wärmeerzeugung ist eine stadtweite Planung entstanden, um bis zum Jahr 2040 in Ulm eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen.
Dabei werden Entwicklungspotenziale der Fernwärme Ulm, aber auch solare Wärmequellen, mögliche Flusswärmepumpen oder die Nutzung von industrieller Abwärme mit berücksichtigt. Die verschiedenen Planebenen können über untenstehenden QR-Code eingesehen werden. Wichtig ist der Hinweis, dass der Plan nicht rechtsverbindlich ist, also kein gesetzlicher Anspruch auf den Anschluss an ein Fern- oder Nahwärmenetz besteht. Auf der Basis der umfangreichen Analyse werden Zug um Zug konkrete Umsetzungsmaßnahmen entwickelt.
Einen Überblick über geltende Vorschriften und Fördermöglichkeiten beim Heizungstausch gab Roland Mäckle, Geschäftsführer der Regionalen Energieagentur Ulm. Mit dem geänderten Gebäudeenergiegesetz gilt, dass zukünftig neue Heizungsanlagen mindestens mit 65-Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.
Dazu gibt es verschiedene Einführungs- und Übergangszeiten, technologische Möglichkeiten für die Umsetzung und Fördermittel. Jedoch muss niemand die Sorge haben, zu einem vorzeitigen Heizungstausch gezwungen zu werden. Erst wenn ein Öl- oder Gas-Standardheizkessel älter als 30 Jahre ist, gibt es bereits seit 2022 eine Austauschpflicht. Für verschiedene Konstellationen und Rahmenbedingungen gibt es Fördermittel vom Bund und auch von der Stadt Ulm, die bis zu 70 % der förderfähigen Kosten betragen können. Eine Beratung im Einzelfall ist dringend empfohlen und bei der Regionalen Energieberatung im ersten Schritt kostenlos erhältlich.
Ein gelungenes Praxisbeispiel stellte Energieexperte Patrick Kober vor. Sein "Projekthaus Ulm" ist mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet und dank einer ausgeklügelten Kombination aus Photovoltaik, Stromspeicher, Warmwasserspeicher, Wärmepumpe und Pelletkessel ein sogenanntes Plusenergiehaus: Es produziert übers Jahr gerechnet 30 % mehr Energie als verbraucht wird. Die Messergebnisse werden u. a. von SWU und von der Technischen Hochschule Ulm zu Forschungszwecken verwendet.
Ganz andere Einblicke gab der Vortrag "Vom Wissen ins Handeln kommen" von Bettina Schmidt-Burst und Johannes Böing von den Psychologists for Future. Die Gruppe beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wie wir uns und andere motivieren können, für den Klimaschutz zu handeln und notwendige Schritte umzusetzen. Dazu stellten sie das Modell der "Sieben Drachen der Untätigkeit" vor, das auf originelle und verständliche Weise deutlich macht, woran unser Handeln trotz besseren Wissens oft scheitert, sei es Bequemlichkeit, Verdrängung, Ignoranz oder ein anderer der sieben Drachen.
Den sieben Drachen beizukommen und Motivation für Veränderung zu erzeugen, war die Frage, die die rund 20 Teilnehmenden durch den Nachmittag begleitete. Mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen brachten sich die Teilnehmenden ein und erarbeiteten verschiedene Ansätze, die in einem Folgetreffen weiter konkretisiert werden sollen. Dazu gehört unter anderem die Organisation von Infoveranstaltungen, das Zusammentragen von Best Practice Beispielen und die Einbindung von Multiplikatoren.
Wer Interesse hat, im "Team Wärmewende" mitzuwirken und Ideen für die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit einzubringen, kann im Agenda-Büro die nächsten Termine erfragen.
Petra Schmitz, AK Energie