Kunststoffindustrie stärker in die Verantwortung nehmen
Gastbeitrag der Umweltgewerkschaft Ulm: Viele Verpackungen haben einen irreführenden Recycling-Hinweis. Ehrlicherweise sollte draufstehen: „Wird über die gelbe Tonne der thermischen Verwertung zugeführt“. Denn genau das geschieht bei ca. 40 Prozent des Verpackungsmülls.
Für die Verwertungsunternehmen ist ein Großteil des Gelben Sacks „nicht recyclingfähig“, meist Verbundstoffe, deren Aufbereitung technisch durchaus möglich, aber nicht „rentabel“ wäre. Im Wesentlichen werden nur sortenreine Kunststoffe wie PET, PE und PP der Wiederverwertung zugeführt, als billiges, lukratives Geschäft.
Was für eine Rohstoffverschwendung, Umweltverschmutzung und Treibhausgasproduktion! Erst werden energieintensiv aus Erdöl Kunststoffe produziert (Produktion von 1 t Kunststoff setzt 1,3 t CO2 frei) und oft nach einmaliger Verwendung verbrannt (nochmal fast 3 t CO2). Das trägt in Deutschland mit 10 bis 13% zu den Treibhausgasemissionen bei.
Verpackungen und andere Kunststoffe werden geschreddert und als billiger „Ersatzbrennstoff“ in Zementwerken und Heizkraftwerken verwendet. Dieses Vorgehen bremst den ökologischen Grundsatz „reduce - reuse- recycle“ (= verringern - wiederverwenden – zu neuen Materialien recyceln) geradezu aus.
Der „thermischen Verwertung“ wird Nachhaltigkeit angedichtet. Dass als Nebenprodukt Wärmeenergie, z.B. für Fernwärme, erzeugt wird, verringert die Problematik der Müllverbrennung nicht. Trotz moderner Filtertechnologie werden giftige Emissionen freigesetzt und verursachen laut Experten viele Allergien-, Immun-, Atemwegs- und andere Erkrankungen.
Technisch fast alle Abfälle recycelbar
Die MVA Donautal verheizt keine Kunststoffverpackungen. Aber das tun sehr wohl die Zementwerke der Konzerne HeidelbergCement und Schwenk in der Ulmer Umgebung. Geschredderter Inhalt des Gelben Sacks, aber auch Folien, Teppichböden, Schlämme und andere Gewerbe- und Siedlungsabfälle werden als billiger Brennstoff dort entsorgt. Angeblich nur Abfälle, die einer stofflichen Verwertung nicht zugeführt werden können. Aber in Wirklichkeit könnten technisch bereits so gut wie alle Abfälle recycelt werden, behauptet jedenfalls das Remondis-Werk in Bramsche.
Kreislaufwirtschaft darf nicht auf die Konsumentinnen und Konsumenten abgeschoben werden. Die Produzenten müssen verpflichtet werden, die stoffliche Recycelbarkeit ihrer Produktmaterialien zu garantieren, und das muss kontrolliert werden. Das gilt besonders für die Kunststoffindustrie mit ihren Verbundmaterialien. Einwegbehältnisse müssen reduziert und Mehrwegvarianten verpflichtend angeboten werden.
Letztlich erfordert die Klimakrise eine schnelle Dekarbonisierung der Zementindustrie und der Fernwärme sowie ein vollständiges Recycling sogenannter „Abfälle“.
Axel Korn, Umweltgewerkschaft