Umweltgerecht durch die Kulturnacht
Schwörmontag in Ulm, Open Air Konzerte und andere Großveranstaltungen hinterlassen Spuren. Berge von Müll und Papier, tausende von Kilowattstunden Strom, zugeparkte Flächen, das haben wir alles schon erlebt. Dass es auch anders geht, zeigt das Organisationsteam der Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm. Durch gezielte Planung und die entsprechende Auswahl der Dienstleister lassen sich viele Ressourcen einsparen. In der Kulturszene der Doppelstadt spielt Nachhaltigkeit eine zunehmende Rolle.
Kunst spiegelt den Zeitgeist der Gesellschaft und regt uns zum Überdenken des eigenen Handelns an. Die Kulturschaffenden können durch ihr Wirken positive Impulse für Veränderungen setzen. So sieht es auch Christian Pfeifer von der Kulturabteilung der Stadt Ulm, u.a. Geschäftsführer der Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm GbR. "Wir sehen bei der lokalen Kulturszene auch eine Verantwortung für die Gesellschaft. Durch kreative Ideen und künstlerische Auseinandersetzung lässt sich viel mehr bewirken als durch Vorschriften oder Verbote. Der Erlebnisfaktor spielt da eine große Rolle."
Deshalb will die Kulturnacht neben etablierten Akteuren auch jungen Künstler/innen eine Plattform bieten. Mitmachen kann jede/r Kulturschaffende mit Schwerpunkt in Ulm/Neu-Ulm. Der Kulturbegriff wird dabei sehr weit gefasst. Über 150 Events an über 120 verschiedenen Orten sind 2019 geboten. Und das zu einem fairen Preis von 10 bzw. 8 Euro. "Erschwingliche Eintrittspreise sind uns wichtig, damit wirklich alle dabei sein können", sagt Carolin Mayer, die bei der Kulturabteilung die Finanzen im Auge hat. So werden auch kostenlose Tickets an die Ulmer Kulturloge, soziale Einrichtungen und Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit abgegeben.
Trotzdem kommt die Kulturnacht ohne städtische Zuschüsse aus. Die Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm GbR wirtschaftet auf eigene Verantwortung. Die teilnehmenden Veranstalter erhalten Anteile aus den Eintrittsgeldern nach einem definierten Punkteschlüssel und können so einen Teil der Kosten wieder hereinholen. Dabei soll nach Überlegungen des Kulturnacht-Beirats künftig auch die Nachhaltigkeit der Angebote eine Rolle spielen. "Trotzdem die Beteiligten mit der Kulturnacht nichts verdienen können, begeistert die Szene Jahr für Jahr mit einem ambitionierten, vielfältigen Programm", so Pfeifer.
Nachhaltiges Eventmanagement in der Praxis
Als Hilfe zur nachhaltigen Veranstaltungsplanung erstellt die Ulmer Kulturabteilung gerade einen Praxis-Leitfaden mit regionalen Tipps und Erfahrungen. Pfeifer sieht im Kulturbetrieb eine "Keimzelle" des Nachhaltigkeitsgendankens. Ein positives Beispiel ist der Druck von Programmheften. 45.000 Kulturnacht-Broschüren ergeben etwa zwei bis drei Tonnen bedrucktes Papier – mit erheblichen Umweltauswirkungen. Hier auf umweltgerechte Produktion zu achten, sieht das Team als Pflicht an. "Wir konnten unsere lokale Druckerei überzeugen, für das Heft ein reines Recyclingpapier zu verwenden, das sie zuvor nicht im Angebot hatte. Das wird jetzt auch für viele andere Druckaufträge verwendet", freut sich Christian Pfeifer über den Fortschritt. So wirkt der Kulturbetrieb positiv in die regionale Wirtschaft hinein.
Auch bei der Auflage wird genau kalkuliert, denn nirgends ist Ressourcenverbrauch sinnloser, als bei ungenutzt weggeworfenen Produkten. Inzwischen achtet man sehr genau auf eine zielgerichtete Verteilung und Erfahrungswerte bei den Abnahmestellen. Das digitale Programm wurde von einer einfachen mobilen Website zu einer bedienungsfreundlichen App aufgewertet. So kann man sich in der Kulturnacht komfortabel durch das Angebot navigieren lassen, seine Favoriten markieren, eine Instagram-Schnittstelle nutzen u.v.m. Viele verzichten wegen der Vorteile gerne auf das gedruckte Heft – Digitalisierung für den Umweltschutz!
Aber Ulm ist auch Fairtrade- und Klima-Stadt. Das schlägt sich auch in Festen und Großveranstaltungen nieder. Zur Energieversorgung nutzt man lokalen SWU-Naturstrom, fast überall wird auf Plastikgeschirr und Pappbecher verzichtet und vegetarisches Essen ist auf dem Vormarsch. Die meisten Caterer aus der jungen Streetfood-Szene achten ohnehin auf umweltgerechtes Wirtschaften, schon aus Imagegründen. Beim Berblinger-Jubiläum 2020 arbeitet die Stadt Ulm erstmals mit der Eventagentur satis&fy zusammen, die eine zertifizierte Gemeinwohl-Bilanz vorweisen kann, was bisher auf kaum ein Unternehmen zutrifft. Für die Organisatoren ist das ein erheblicher Vorteil, denn "der Aufwand, die gesamte Lieferkette auf nachhaltige Kriterien zu überprüfen, wäre enorm und könnte von uns gar nicht geleistet werden."
Mit dem Bus gratis zur Kulturnacht
Beliebte Events wie die Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm bringen viele Menschen in die Stadt und eignen sich bestens, um für den ÖPNV zu werben. Besonders, wenn kostenlose Busse und Bahnen verkehren. Im Programm sind für alle Veranstaltungsorte Haltestellen und Fahrpläne angegeben, so dass die Besucher motiviert werden, auf das Auto zu verzichten. "Dass der ÖPNV in Ulm und Neu-Ulm samstags gerade zum Nulltarif fährt, ist ein Glücksfall", findet Carolin Mayer und lobt den entsprechenden Gemeinderatsbeschluss. In der Vergangenheit war dies durch die Kopplung mit dem Aktionstag "Ohne Auto-mobil" möglich, der nun ins Frühjahr verlegt wurde. Dank des guten Drahts zu DING und SWU hoffen die Organisatoren aber, dass die Tradition der kostenlosen Mobilität auch für die kommenden Kulturnächte erhalten bleibt. Erstmals können 2019 auch die "Stadträder" der Ulm/Neu-Ulm Touristik kostenlos ausgeliehen werden.
Also auf ins Getümmel und die Kulturnacht am 21. September ohne schlechtes Gewissen genießen!
Thomas Dombeck