Digitale Helfer für den nachhaltigen Alltag

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Digitale Helfer für den nachhaltigen Alltag

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Wer seinen ökologischen Fußabdruck im Blick hat, sich bewusster ernähren und CO2 einsparen will, kommt vermutlich an geeigneten digitalen Helfern nicht vorbei. Es gibt eine Vielzahl von Apps und Portalen, die sich einem klimagerechten Leben verschrieben haben und digitale Hilfestellung bei unterschiedlichsten Aspekten der Nachhaltigkeit bieten.

Leider sind viele von eher geringem Nutzen, sperrig in der Anwendung oder beinhalten noch zu wenige Daten. Denn die smarteste App bringt wenig, wenn die dahinter stehende Datenbank leer ist. Beteiligt die App ihre Nutzer:innen beim Sammeln von Daten über ein Crowdsourcing, kann dies den Datenbestand schnell erhöhen und die Anwendung weiter pushen. Eine seriöse Prüfung ist dabei allerdings essenziell. Hier einige (subjektive) Empfehlungen unseres Autors, die Anregungen für eigene Recherchen bieten sollen. Viel Spaß beim Stöbern in Ihrem Play- oder Appstore!

Digital heizen

Viele Smart Home Anwendungen werden von Umweltverbänden wie dem BUND eher kritisch gesehen, da sie oft mit höherem Stromverbrauch verbunden sind. Unbestritten ist aber der Nutzen digitaler Heizungssteuerung. So lassen sich täglich mehrere Heiz- und Sparperioden automatisch regeln oder per Internet von unterwegs fernsteuern. Ein elektronisches Thermostat schaltet zwischen den eingestellten Temperaturen selbstständig hin und her. So kann erheblich Energie gespart werden, ohne bei der Heimkehr frieren und auf Komfort verzichten zu müssen. 

Der einfachste Fall sind konventionelle Heizkörper mit direkt verbauten Thermostatventilen. Auch von weniger begabten Heimwerker:innen lässt sich der klassische Drehknopf mit einfachem oder ganz ohne Werkzeug abmontieren und durch ein elektronisches Thermostat ersetzen. Ein Eingriff in den Heizkreislauf ist dazu nicht erforderlich. Mit Strom versorgt sich das Gerät meist durch 2 Mignon-Batterien (AA), die zumindest für eine Heizperiode reichen sollten. Zu beachten ist der passende Anschluss. In der Regel sind die Thermostate mit einem M30-Gewindering versehen, der auf viele Heizkörper direkt passt. Sonst gibt es für alle Fälle den richtigen Adapter, z.B. nach dem RAV-Standard für Danfoss-Ventile. Der muss aber meistens extra bestellt werden. 

Auch wenn das Internet sehr günstige Modelle ab 20 Euro bietet, sollte man sich einen etwas höheren Standard gönnen und darauf achten, ein Gerät mit App-Steuerung zu erwerben. Sonst verdirbt einem das Gefummel an unverständlichen Schaltknöpfen mit gegoogelten Anleitungen schnell den Spaß. Ab rund 40 Euro gibt es solche Thermostatregler etwa von Eqiva oder die stylische Comet-Serie von Eurotronic, die über Bluetooth direkt mit dem Handy gekoppelt werden. Etwas teurer sind Modelle mit WLAN-Anbindung. Diese benötigen mehr Strom, können dafür aber mit einem Smart Home System gekoppelt und über Internet bedient werden. FRITZ!DECT Modelle lassen sich direkt über die Software der FRITZ!Box steuern. Sinnvoll ist in jedem Fall eine Lüftungs-Abschaltung, welche die Temperatur herunterregelt, solange das Fenster geöffnet ist.

Energieverbrauch überwachen

Wer darüber hinaus seinen Energieverbrauch überwachen und die Sparerfolge dokumentieren möchte, kann das beispielsweise mit Energiesparapps wie „EnergieCheck“ oder „EHW+“ tun. Sie erstellen Verbrauchsprotokolle und Statistiken, liefern aktuelle Preisinfos und informieren zu Energiethemen. So hat man immer Überblick über alle Zählerstände. Es können beliebig viele Zähler angelegt und mit eigenen Ablesedaten gefüttert werden. Ein automatisches Einlesen der Verbrauchsdaten über Funk ist derzeit leider nicht möglich. Hier lassen sich die Heizungsableser nicht in die Karten schauen. 

Die App EnergieCheck von co2online stellt etwas höhere Ansprüche an die Nutzer:innen und ist vergleichsweise komplex zu bedienen. Dafür liefert sie eine Menge Zusatzinfos und lädt ein, sich intensiver mit dem eigenen Verbrauchsverhalten zu beschäftigen. Für die Erfassung der Zählerstände muss ein Konto bei energiesparkonto.de eingerichtet werden, mit dem sich die App auf Knopfdruck synchronisiert. Möchte man nur eine Übersicht über die Verbrauchsdaten herstellen, ist die EHW+ App die deutlich einfachere Variante. Die Daten werden direkt auf dem Smartphone gespeichert.

Orientierung beim Einkaufen

Ein Großteil der Bevölkerung möchte sich bewusster ernähren und achtet beim Einkauf auf umweltfreundliche Produkte. Hersteller nehmen das gerne zum Anlass, ihre Waren mit wohlklingenden Vokabeln wie „vital, eco-fresh, fettarm, recycelbar“ u.ä. anzupreisen. Oft halten diese Prädikate aber einer Überprüfung nicht stand. Damit man nicht die Katze im Sack kaufen muss, gibt es verschiedene Produktscanner-Apps, die anhand des aufgedruckten Strichcodes das Produkt und seine Inhaltsstoffe ermitteln und bewerten. 

Sehr populär ist die App „CodeCheck“ mit bereits 34 Millionen enthaltenen Produkten. Ist der gescannte Artikel noch nicht dabei, kann man ihn als registrierte:r Nutzer:in per Foto und Scan der Verpackung selbst eintragen. Je nach Aufwand, den man treiben möchte, kann die Bewertung mehr oder weniger vollständig ausfallen. Die Inhalte werden von einer Redaktion geprüft und einem nachvollziehbaren Bewertungsschema unterworfen. Dabei stützt sich CodeCheck u.a. auch auf das Urteil von staatlichen bzw. Nichtregierungs-Organisationen wie dem WWF, BUND oder Greenpeace.

Die App identifiziert vor allem gesundheits- und umweltschädliche Bestandteile wie Mikroplastik oder chemische Zusatzstoffe und stellt sie in einem grün-gelb-rot Schema übersichtlich dar. Klickt man auf den jeweiligen Stoff, gibt es umfangreiche Hintergrundinfos zur Wirkung und Problematik. Außerdem werden gesündere Alternativprodukte aufgelistet. Bei Lebensmitteln kommt noch eine Nährwert-Ampel dazu, die u.a. auf Eiweißgehalte, ungesunde Fette etc. hinweist. Eigens aufgelistet werden Produktlabels wie „fairtrade“ oder „bioland“. Insgesamt also Daumen hoch für diese App, auch wenn sie nicht immer alle Inhaltsstoffe berücksichtigt und der Server ab und zu in die Knie geht. Auf jeden Fall ein hilfreicher Begleiter durch den Supermarkt.

Für Kosmetika und Spielzeug ist der Klassiker „ToxFox“ des BUND sehr empfehlenswert, der ähnlich funktioniert und sehr viele Produkte erfasst. Diese App beinhaltet z.B. auch einen Protest-Button für Beschwerden beim Hersteller. Der ist verpflichtet, binnen 45 Tagen darauf zu reagieren. 

Die meisten anderen Produktscanner enthalten erheblich weniger Produkte. Leider gibt es speziell für Verpackungen noch keine vergleichbare App, die z.B. Recyclingquoten bewertet. Eine einheitliche Beurteilung der Klimafreundlichkeit verschiedener Verpackungsarten ist derzeit noch nicht möglich. Die App „Replace Plastik“ vermittelt lediglich Kontakt zum Hersteller, um ihn zu Verbesserungen bei der Verpackung aufzufordern. 

Essen retten

Auch gegen die Verschwendung von Lebensmitteln gibt es diverse Tools mit unterschiedlichen Ansätzen. Weit verbreitet ist z.B. „Too Good To Go“, eine App, mit der man Restbestände lokaler Läden und Gastronomie zu günstige Preisen erwerben kann. Verteilt werden dabei Überraschungstüten in mehreren Kategorien (Abendessen, Backwaren etc.), je nachdem, was bei Ladenschluss übrig bleibt. Auch eine Chance, neue Angebote kennenzulernen! 

Die „foodsharing“ Plattform des gleichnamigen Vereins gibt es nun auch als App. Es handelt sich um ein Netzwerk von Privatleuten, die überschüssige Lebensmittel verschenken oder zum Tausch anbieten. Dazu gehören auch sogenannte „Fair-Teiler“, öffentlich zugängliche Lebensmittelboxen bzw. Kühlschränke. In Ulm/Neu-Ulm sind es mittlerweile fünf. Eine andere Idee verfolgt das Bundes-Landwirtschaftsministerium mit seiner App „Zu gut für die Tonne!“. Hier gibt man einfach ein, welche Reste noch im Kühlschrank sind und erhält dazu leckere und gesunde Rezeptideen, sortiert nach persönlichen Ernährungsgewohnheiten. 

Was es sonst noch gibt

Earnest: Umfangreicher digitaler Tippgeber für einen nachhaltigeren Lebensstil, spielerische Herangehensweise, Challenges, Kommunikation und Austausch

Utopia.de: DIE Plattform für den nachhaltigen Alltag, viele Produktinfos, Tests, Hintergründe zu aktuellen Umweltthemen etc.

CO2-Rechner: Den persönlichen ökologischen Fußabdruck bestimmen und Einsparmöglichkeiten finden (div. Apps und Portale, z.B. „eprimo Klimareise“)

Relevo: Besser essen mit Mehrweggefäßen! Zahlreiche Ulmer Gastronomiebetriebe nutzen das pfandfreie Relevo-System, die App sagt Ihnen, wo.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Thomas Dombeck